„Nehmt euch die Freiheit der Wissenschaft! Entdeckt was ihr wollt.“ Das uralte Sprichwort könnte das Motto des Ig-Nobelpreises sein, der jährlich im Sanders Theater der Harvard-Universität in den Vereinigten Staaten vergeben wird. Ig bedeutet ignoble (unwürdig). Der Preis ehrt ausschließlich wissenschaftliche Arbeiten oder Erfindungen, die nicht nachahmbar sind und hinter denen ein höherer Sinn steht, auch wenn sie zuerst lächerlich und nutzlos wirken. Das Magazin „Annals of Improbable Research“ sowie die Universitäten Harvard und Radcliffe entscheiden gemeinsam über die Preisträger. Zu den bisher geehrten Wissenschaftskategorien gehören beispielsweise Kunst, Naturwissenschaften, Literatur, Frieden und Medizin.
Die Geschichte des mittlerweile international bekannten Wissenschaftspreises begann im Jahr 1991 mit der Ehrung von Jaques Benveniste. Der französische Mediziner stellte die These vom „Gedächtnis des Wassers“ auf, nach der Wasser eine intelligente Flüssigkeit ist, die sich auf ewig an Geschehnisse erinnern kann. Seither wurden, jeweils am ersten Donnerstag im Oktober eines Jahres, über 170 so genannte „Anti-Nobelpreise“ vergeben. Zu den traditionellen Gepflogenheiten gehören neben einer maximal 60 Sekunden langen Dankesrede, dass die Preisträger mit Papierflugzeugen beworfen werden. Während es ursprünglich als zweifelhafte Ehre galt den Preis zu erhalten, reisen die Preisträger mittlerweile auf eigene Kosten an, um das Spektakel selbst miterleben zu können.
Eine Besonderheit des Ig-Nobelpreises ist vor allem, dass alle Kategorien geehrt werden können, solange die Forschung dem Preis würdig ist. So freute sich im Oktober 2008 der Preisträger der Kategorie Archäologie Astolfo Gomes de Mello Araujo ganz besonders über die Ehrung. „Es gibt keinen Nobelpreis für Archäologie. Da ist der Ig-Nobelpreis eine tolle Sache.“ Er und sein Kollege José Carlos Marcelino von der Universität São Paulo (Brasilien) wurden im Oktober für ihre Erkenntnis geehrt, dass nicht nur Kaiser, Könige, Päpste und Feldherren – sondern auch Gürteltiere – die Geschichte geprägt haben. Sobald diese sich einmal durchs Erdreich gewühlt haben, ist nichts mehr so wie es einmal war.
Auch wenn der Ig-Nobelpreis überwiegend aufgrund der Forschungsergebnisse und Thesen von der Presse freiwillig oder unfreiwillig lächerlich gemacht wird, so ist er durchaus ernst zu nehmen. Sämtliche Forschungen, die in der Geschichte des Preises geehrt wurden, sind in Fachjournalen veröffentlicht. Auch Nicht-Wissenschaftler nehmen die Verleihungen ernst. Besonders nachdem Geoffrey Miller, Joshua Tybur und Brent Jordan von der Universität Neu-Mexiko im Jahr 2008 ihren Preis in der Kategorie Wirtschaft erhalten haben. Die Theorie darüber, ob Frauen während der Menstruation attraktiver auf Männer wirken, wurde von ihnen mit praktischen Beweisen belegt.
Auch wenn der Preis seit der ersten Verleihung enorm an Respekt dazu gewonnen hat, so wird er wohl immer der „Anti-Preis“, bestenfalls der kleine Bruder vom Nobelpreis bleiben. Hin und wieder wird er sogar mit der „Goldenen Himbeere“, dem Filmpreis für die schlechtesten Leistungen innerhalb der Filmindustrie verglichen. Dennoch bietet er Wissenschaftlern mit zugegebenermaßen recht eigensinnigen Forschungsgebieten eine Möglichkeit ihre Ergebnisse würdigen zu lassen. Seitdem die internationale Presse und auch Fernsehanstalten über die Verleihungen berichten, gewinnt der Preis an Bekanntheit. Somit kann wohl zukünftig mit noch interessanteren oder auch abstruseren Forschungen gerechnet werden.
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